Der Künstler Richard Mayr

Die Richard-Mayr-Krippe, von Hans Mauraacher um 1930 geschnitzt, zeigt den Sänger in seinen Bühnenrollen
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Richard Mayr
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Bühnenschuhe Richard Mayrs
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Richard Mayr – der Star

Mayrs große Popularität beruhte auf der Übereinstimmung von Künstler- und Menschentum. Alpenländische Gemütlichkeit und höchster Kunstsinn waren bei ihm stets untrennbar verbunden – im Leben und auf der Bühne. Für einen Bass-Sänger eher ungewöhnlich, war er nach heutigen Begriffen ein Star. Dies belegt auch die große Zahl an Karikaturen, die Mayr zum Gegenstand haben.

Eine große Menge an Auftritten garantierte eine hohe öffentliche Präsenz. In Wien etwa stand er in den 32 Jahren seines dortigen Wirkens fast 2.500 mal auf der Opernbühne. Hinzu kamen seine Auftritte bei den Bayreuther und vor allem den Salzburger Festspielen. Ausgedehnte Tourneen in die USA und die europäischen Musikmetropolen wie London und Paris machten ihn auch dort zu einer Berühmtheit.

Richard Mayr war aber auch als Konzertsänger unterwegs. Am Klavier vom Korrepetitor der Wiener Staatsoper, Ferdinand Foll (1867–1929), begleitet, konnte er auch mit „reiner“ Kunst ohne Bühnenrolle überzeugen.

 

Die Bühnenrollen Richard Mayrs

Allein an der Wiener Staatsoper verkörperte Richard Mayr in der Zeit zwischen 1902 und 1933 insgesamt 95 verschiedene Opernfiguren; die meisten davon sang er viele Male. 149 mal gab er in Wien den Ochs von Lerchenau (Der Rosenkavalier), 138 mal den Goldschmied Veit Pogner (Die Meistersinger von Nürnberg), 123 mal den Landgraf Hermann (Tannhäuser) und 101 mal den König Marke (Tristan und Isolde).

Das besondere Talent Richard Mayrs lag darin, seinen Rollen eine ganz eigene und neuartige Charakteristik zu verleihen. Ohne jedes intellektuelle Kalkül verschmolzen in ihm der Naturmensch und der Künstler zu einer Bühnenpersönlichkeit, die dem Publikum äußerst authentisch erschien. Mayr verstand es, seinen Rollen psychologische Tiefe zu geben, indem er sie nicht nur spielte, sondern buchstäblich verkörperte, also immer auch als authentischer Mensch auf der Bühne stand. Besonders dort, wo sich das Komödiantische mit dem Tragischen paart, feierte er seine größten Erfolge. Deshalb ist seine Interpretation der Figur des Ochs von Lerchenau auch so außergewöhnlich populär geworden.

 

Richard Mayrs letzter Auftritt

So menschlich uns Richard Mayr in all seinen Lebensäußerungen gegenübertritt, so wenig wissen wir von ihm als Menschen. Seine urtümliche Verbindung von Leben und Bühne, von Spiel und Ernst, von Wirklichkeit und Rollenwahrheit, die ihn so glaubwürdig, so leicht verstehbar gemacht hat, lässt die Grenze zwischen seinen natürlichen und seinen gespielten Charaktermerkmalen verschwimmen. Ihm, der das Leben ein Theaterg’spiel nannte, war das Theaterspielen wohl auch das echte Leben.

Richard Mayr starb 58-jährig nach langer qualvoller Krankheit am 1. Dezember 1935 in Wien. Es fanden Trauerakte in der Karlskirche und vor der Staatsoper in Anwesenheit des Bundeskanzlers Kurt Schuschnigg und der gesamten Wiener Kunstwelt statt. Die Beisetzung in Salzburg erfolgte am 4. Dezember in der Mayr´schen Familiengruft am Friedhof St. Peter unter großer Anteilnahme der Salzburger Bevölkerung.

Dem Sänger wurde mit der posthum fertig gestellten Richard-Mayr-Krippe, die den Bassisten in dreißig seiner berühmtesten Opernrollen zeigt, ein ungewöhnliches und einzigartiges Denkmal gesetzt.

 

Die Brüder Carl und Richard Mayr

Richard Mayr war das jüngste von sieben Kindern des Gastwirtsehepaares Franz und Maria Mayr. Der Vater, der „Gablermayr“, war ein erfolgreicher Gastronom und Brauereibesitzer, der vier Gastwirtschaften in Salzburg betrieb, darunter das Gablerbräu in der Linzer Gasse. Die musikalische Mutter, eine geborene Moser aus Henndorf, der Richard in kultureller Hinsicht viel verdankt, verstarb schon 1891.

Schon als Kinder verbrachten Richard und sein um zwei Jahre älterer Bruder Carl die Sommer in Henndorf. Dort lebte der Onkel, der kunst- und biersinnige Bräuwirt Kaspar Moser, der berühmt für seine Geselligkeit und seine historischen Kostümfeste war und als Höhepunkt von Henndorf bezeichnet wurde. In Henndorf lernten die Brüder kennen, was ihnen später von Nutzen war: Carl die Lust am Gestalten von Kostümen und Textilien, Richard die Freude am Theaterspiel und Gesang. Carl entdeckte seine Begeisterung für die Tracht und schuf neue salonfähige Entwürfe in Leinen, war feinnervig und dem Sticken und Klöppeln zugetan. Richard Mayr dagegen war dem Irdischen zugewandt, liebte das Lachen, die Pferde – und das Bier.

Als 1910 Onkel Kaspar starb, zog Carl Mayr nach Henndorf und übernahm die Leitung des Bräugasthofs. Richard Mayr hatte ein eigenes Haus in Henndorf und kam dorthin, so oft es sein ausgefülltes Künstlerleben zuließ. Mit dabei war stets das Gästebuch, in dem sich seine Freunde und Bekannten verewigten.

 

Der „Henndorfer Kreis“

Das besondere Gepräge Henndorfs als dörfliche Gemeinde vor den Toren der Festspielstadt Salzburg um den kultivierten Kunsthandwerker Carl und den lebensfrohen und weltbekannten Kammersänger Richard Mayr zog zur Festspielzeit viele Künstlern und Literaten an, die ihre Ferien in dem kleinen Ort verbrachten und sich dort bevorzugt im Bräugasthof Carl Mayrs aufhielten. Der Industrielle Gustav Kapsreiter aus Schärding, Ehemann der Nichte von Carl Mayr, war ein großer Kunstmäzen und brachte eine Reihe von interessanten Leuten nach Henndorf.

In der Zwischenkriegszeit bildete sich in Henndorf ein Künstlerkreis, dem unter vielen anderen die Schriftsteller Franz Theodor Czokor, Franz Carl Ginzkey, Ödön von Horváth, Richard Billinger, die Künstler Alfred Kubin, Max Peiffer Watenphul und Josef Schulz angehörten. Ab 1926 wurde der Kreis maßgeblich durch Carl Zuckmayer, seine Gattin Alice Herdan und deren Freundeskreis bestimmt.

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