Karoline Brunetti-Pisano (186?–1895) am Klavier, Carl Hintner, 1885–90, Salzburg Museum
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Pudelschererin Victoria Reichl, Franz Segl, 1866, Salzburg Museum
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Würstelverkäuferin, Eduard Bertel, 1895–1904, Salzburg Museum
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Gegen Hungerlöhne und Prostitution

  

Die wirtschaftliche Lage der arbeitenden Klassen im allgemeinen und die noch ungünstigere der arbeitenden Frau führt der gewerbsmäßigen Prostitution ihre Opfer zu. Nicht ihre angeborene Lasterhaftigkeit, nicht ihr freier Wille, sondern die Peitsche des Hungers treibt sie auf die Straße, um dem nächstbesten Vorübergehenden für ein Abendessen ihren Leib zu verkaufen.
Aus: Die Prostitution vor dem Gesetz

Die „Frauenfrage“ ist für Irma von Troll-Borostyáni Teil der großen „sozialen Frage“, die es zu lösen gilt, sie betont den Zusammenhang von „Hungerlöhnen“ und „Prostitution“. Nach unbestätigten Angaben ihres Biografen Hans Widmann soll sie sich in Wien in Begleitung eines Freundes auf Recherche in das Rotlichtmilieu begeben haben. Tatsache ist, dass sie zeitlebens die doppelte Sexualmoral anprangert, die von der Ehefrau Keuschheit und Treue verlangt, dem Ehemann jedoch einen Freibrief für das Laster ausstellt. Sie verurteilt die Legitimation der Prostitution als notwendiges Übel wie etwa den Krieg, denn dann müsste es analog zur allgemeinen Wehrpflicht auch eine allgemeine Prostitutionspflicht geben.

  

Als eine der ersten Frauen in Österreich sprach Troll-Borostyáni bereits 1878 das damalige Tabu-Thema Prostitution an. 1893 veröffentlichte sie unter dem Pseudonym "Veritas" eine aufsehenerregende Schrift mit dem Titel "Die Prostitution vor dem Gesetz. Ein Appell ans deutsche Volk und seine Vertreter".
In ihren sozialkritischen Schriften und Erzählungen, u. a. in der Novelle "Brot" im Band "Hunger und Liebe", zeigt sie immer wieder den Zusammenhang zwischen Prostitution und Niedriglöhnen für Arbeiterinnen auf und setzt sich für eine Verbesserung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen ein. Eine tatsächliche Ausrottung der Prostitution kann ihrer Meinung nach nur durch wirtschaftliche und rechtliche Gleichstellung von Frauen und Männern erreicht werden.

  

Um 1900 erschlossen sich Frauen neben traditionell weiblichen Betätigungsfeldern allmählich qualifizierte Berufe. Während bürgerliche Mädchen und Frauen nach wie vor zur Handarbeit angehalten wurden, konnten Frauen mit Näh- und Handarbeiten – meistens waren es Heimarbeiterinnen – kaum ihren Lebensunterhalt bestreiten. Die Näherinnen erhielten Niedrigstlöhne und waren einem hohen Arbeitsdruck ausgesetzt. Hungerlöhne und Arbeitsverlust trieben nicht wenige Frauen zur Arbeit im Prostitutionsgewerbe, das in den Großstädten um 1900 florierte.

  

>>> zur Hauptseite: Ungehalten – Irma von Troll-Borostyani (1847–1912).

   

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