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Lisl Engels,
Selbstbildnis, 1956, Öl auf Pressspanplatte, 80 x 61 cm
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Lisl Engels, 1915 in Mödling geboren,
wurde schon als blutjunges Mädchen viel bewundert, als sie in den
dreißiger Jahren gemeinsam mit den Größen der Wiener Kunstszene
ausstellen durfte, was damals eine große Ehre war. Auch hatte sie
das Glück, von Anfang an die richtigen Lehrer und Wegbegleiter zur
Seite zu haben, deren Prinzipien für sie stets verbindlich blieben,
allen voran die Verpflichtung an ein hohes Ideal von Kunst. Das
Gestische, das sich mit dem Konstruktiven vereint, ist ein
Wesenszug, der sich schon während ihrer Lehrzeit bei Robin Christian
Andersen abzeichnete. Ihr großes Vorbild und Mentor wurde jedoch
Franz Wiegele, der 1944 bei einem Bombenangriff auf das Kärntner
Malerdorf Nötsch umkam. Mit diesem bedeutenden Künstler verbrachte
sie viele Stunden gemeinsamen Schaffens. Die kriegsbedingte Flucht
aus Wien führte Engels 1946 über Bad Gastein nach Salzburg, wo sie
auf Wahlverwandte wie Anton Steinhart und Rudolf Dimai stieß und
sich bald in das Kunstleben integrieren konnte. Allerdings lagen in
dieser Zeit andere Richtungen im Trend, viele Künstler distanzierten
sich vom expressionistischen Erbe und ließen sich mehr mit der
Abstraktion ein. Ihre Resistenz gegenüber dem Zeitgeist ist wohl der
Grund, weshalb Engels trotz zahlreicher Ausstellungen und Ehrungen
nie ganz im Blickfeld stand und man ihr malerisches Kaliber
unterschätzte.
Seit 1974 lebt Lisl
Engels in einem uralten, abgelegenen Bauernhaus unweit des
Fuschlsees. Die exponierte prachtvolle Lage, die eine intensive,
ungestörte Zwiesprache mit der Natur ermöglicht, ist bezeichnend für
den anspruchsvollen Begriff von Landschaftsmalerei, dem die
Künstlerin huldigt. Es geht ihr weniger um Lokalkolorit und
flüchtigen Stimmungszauber, niemals lässt sie sich durch gefällige
Reize von ihrer klaren Linie abbringen, in der schummerige
Pastositäten nichts zu suchen haben. Ihre Landschaften scheinen sich
von der lockeren Impression auf ein "absolutes" Raumerlebnis hin zu
bewegen. Dementsprechend ist auch die Farbigkeit von Zufälligkeiten
entschlackt und bietet statt einer naturalistischen Einfärbung
eindeutige koloristische Dominanten, vorzugsweise spannungsvoll
abgestimmte Blau- und Gelbtöne. Der explosive und dennoch gefestigte
Pinseleinsatz erinnert manchmal fast an die gestische Malweise ihrer
informellen Zeitgenossen. Oft treten die Strichlagen strahlenförmig
gebündelt auf. Und auch im reduzierten Ausschnitt, in den Blumen-
und Früchtestilleben, geht nichts von der weit ausholenden Dynamik
verloren.
Einer tieferen Logik
zufolge empfing Lisl Engels auf klassischem Boden die nachhaltigsten
Anregungen, während sie zu anderen, nicht minder attraktiven
Landschaften wegen der fehlenden inneren Affinität keinen Zugang
finden konnte. Von mehreren Aufenthalten in Griechenland, vor allem
in der damals noch unberührten Inselwelt, brachte sie eine Fülle von
Bildern nach Hause, die zu ihren besten zählen. Obwohl von den
Motiven her unspektakulär, wirken die Landschaften mehr heroisch als
beschaulich, mehr ätherisch-kühl als der Erde verhaftet, auch wenn
es sich um heimische Gegenden wie das Salzkammergut handelt. Ihr
Leib- und Lieblingsthema war - nicht zuletzt weil sie viele Jahre in
seiner unmittelbaren Nachbarschaft wohnte - der Leopoldskroner
Weiher, und auch er wird von ihr gleichsam in eine andere, lichtere
Sphäre getaucht, sodass die alten, verkrüppelten Weiden den Ölbäumen
gleichen, denen wir auf ihren griechischen Bildern so oft begegnen.
Das Werk von Lisl
Engels scheint einem einzigen unbeirrbaren und nicht nachlassenden
Schaffensimpuls zu gehorchen, der sie von ihrer frühen
künstlerischen Reife an bis in ihr staunenswert agiles Alter auf
kraftvollen Schwingen trug, es ist von einer selten zu findenden
Kontinuität und Einheitlichkeit. Sie hat ihren Stil sehr früh
gefunden und ohne Spannungsverlust durchgehalten. Von den stets
durchlässig gemalten Ölbildern ist es nur ein kleiner Schritt zu den
Aquarellen und Temperabildern, dieselbe Sensibilität und
Kontrapunkte setzende Spannkraft ist auch in den Zeichnungen
wirksam; ihr Strichgefüge gehorcht einer inneren Bildlogik, die
wahre Meisterschaft verrät. Von all dem wird die Ausstellung im
Salzburger Museum Carolino Augusteum Exemplarisches bringen. Die
Entscheidung, Lisl Engels endlich zu Museumsehren kommen zu lassen,
ist weniger als Verbeugung vor der Doyenne der Salzburger Malerei zu
sehen, sondern kommt eher einer Entschuldigung dafür gleich, dass
dies nicht schon viel früher geschehen ist.
Dr. Nikolaus
Schaffer
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 Leopoldskronerweiher gegen Schloss
und Pulvertürme; Öl/Lw, 1960, 59 x 86 cm
 Ölbäume; Öl/Lw, 1984, 61 x 75 cm
 Obststilleben mit chinesischem
Drachen; Öl/Lw, 1960, 50 x 71 cm
 Rote Blumen; Öl/Lw, 1965, 73 x 48 cm
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