Carl und Richard Mayr  
Tracht und Design der Zwanziger Jahre
 

Sonderausstellung im Volkskundemuseum (Monatsschlössl)
10. 5. bis 31. 10. 2003



72seitiges Begleitbuch mit zahlreichen Abb., € 9,90. 

Carl Mayr in sommerlicher Leinen-Tracht

Carl Mayr, dem Erfinder der Leinen-Trachtenkleidung, die beim Salzburger Festspielpublikum zum absoluten Hit der 1920er und 1930er Jahre wurde und seinem Bruder Richard Mayr, dem weltberühmten Sänger, ist heuer eine erste Ausstellung im Volkskundemuseum des SMCA gewidmet.

Carl Mayr (1875-1942) war vielseitig in seinen Interessen. Er befasste sich mit Architektur und Gartenplanung, liebte das Bergsteigen, Blumenarrangements, Gesang und Dichtung und beschäftigte sich mit Tracht und Kleidung, Malerei, Stoffcollagen und vor allem der Stickerei - und erfüllte zwischenzeitlich noch die Rolle des Bräuwirtes in Henndorf in einer, für alle die ihn damals kannten - unvergesslichen Form.

Entgegen der Ernsthaftigkeit städtischer Trachtenvereine ging es ihm um eine "elegant stilisierte Spielart der einheimischen Tracht", die in der ländlichen Sommerfrische mit ihrer Freude an der Kostümierung, wie er sie bei "Onkel Kaspar", dem Bräuwirt in Henndorf, miterlebt hatte, ihren Ursprung hatte. Er orientierte sich an traditionell Vorgefundenem, das er in der Folge kreativ umsetzte. So verlieh er Althergebrachtem neue Werte, indem er Details umsetzte und effektvoll auf der Kleidung postierte: was früher als etwas Nützliches, aber Unauffälliges in Verwendung stand - das Leinen - machte er zum Trachtendesign, zierte es effektvoll mit den alten silbernen Bauernknöpfen oder kombiniertes es mit seinen berühmten gestickten Einsätzen am Ausschnitt als Brustlatz oder in der Taille als Gürtel. Die Motive empfand er dabei den historischen Federkielbestickten Bauchfatschen und Blattlranzen des 18. und 19. Jahrhunderts nach.

Richard Mayr im Kostüm als "Ochs von Lerchenau", Zeichnung von Engelhart, 1930
 

War Carl Mayr der Feinsinnige, immer leicht über dem Boden schwebende, so war Richard Mayr fest mit beiden Beinen auf der Erde verhaftet. Schon mit 25 Jahren debütierte er an der Wiener Staatsoper und wurde in den zwanziger Jahren auch zum Star der Salzburger Festspiele, insbesondere in seiner Paraderolle als "Ochs von Lerchenau" in Richard Strauss' "Rosenkavalier".

Als Henndorfer pflegte er die Kontakte zur ländlichen Bevölkerung, als weltberühmter Opernsänger zog er während des Festspielsommers die Prominenz nach Henndorf. Tracht zu tragen bedeutete für ihn keine Verkleidung, sondern Lebensgefühl. Ob er nun sang oder mit dem Pferdewagen vorfuhr - alles, was er tat war von einer Selbstverständlichkeit getragen, die bei ihm unbedingt echt wirkte. Richard Mayr war prädestiniert dafür, die Zielsetzung der Initiatoren der Festspiele zu verkörpern, die hohe Kunst mit der "Volkstümlichkeit", mit dem "typisch Salzburgischen" zu verbinden. So wurde er auch zum Werbeträger für die Salzburger Tracht. Er trug maßgeblich dazu bei, dass die Besucher der Salzburger Festspiele es bald unerlässlich fanden, sich nach ihrer Ankunft in Salzburg als Einheimische zu "verkleiden", sich "auf salzburgisch" ausstatten zu lassen. Wer auf sich hielt ging in den zwanziger und dreißiger Jahren im Dirndl bzw. im Trachtenanzug durch die Stadt. 

Richard Mayr ging bei Lanz aus und ein, vermittelte Sepp Lanz Mayr'sches Trachten-Design vom Bruder in Henndorf und verlieh im Gegenzuge Carl und seinem Schaffen Weltöffentlichkeit. Die beiden Brüder ergänzten sich in einer seltenen Symbiose: was Carl zwischen dem Interesse an Bodenständigem und kreativem Umgang mit der Historie als Entwürfe lieferte, wurde weitergetragen von Richard, in dem sich Henndorfer Sommerfrischenatmosphäre mit Elitetourismus rund um die Festspiele zu einer Lebensart paarte, die ihm den Zugang zu beiden Welten öffnete, und ihn zu solchem Erfolg führten. Richard Mayr starb 58jährig 1935 in Wien.

Die Ausstellung gibt erstmals Einblick in das vielschichtige kunsthandwerkliche Schaffen von Carl Mayr. Der Bogen der ausgestellten Werken spannt sich von dem Monumentalwerk einer Tapisserie (250 x 205 cm), über Stoffcollagen bis hin zu den Modellen für Damen - und Herrentrachten, die heute genauso modern anmuten wie seinerzeit und zeigt außerdem vielerlei Objekte aus dem Nachlass von Richard Mayr.

Dr. Ernestine Hutter


Carl (links) mit Onkel Kaspar Moser (2. v. l.) und Richard Mayr (ganz rechts) im Gastgarten


Carl (2. v.l.) und Richard Mayr (ganz rechts) vor dem Haus in Henndorf

 
Original-Stickerei von Carl Mayr


Federkielstickerei von Carl Mayr


Richard Mayr mit Gattin im Dirndl vor dem Zeppezauer Haus